Grundeinkommen darf nicht isoliert eingeführt werden, es bedarf gesellschaftlicher Begleitmaßnahmen. Solange Erwerbsarbeit ein wesentliches, persönlichkeitsstiftendes, Status und Einkommen vermittelndes Element bleibt, muss der Arbeitsmarkt so geregelt sein, dass niemand dauerhaft von Erwerbsarbeit ausgegrenzt wird. Auch in einer Grundeinkommensgesellschaft braucht es Gesetze, Kollektivverträge und Gewerkschaften, die für gerechte Verteilung von Arbeit und Einkommen und für gerechte Arbeitsbedingungen sorgen.
Grundeinkommen ist ein Instrument, das die flexible, eigenverantwortliche Aufteilung der Lebenszeit zwischen Erwerbsarbeit und unbezahlter Arbeit im eigenen, familiären und gesellschaftlichen Bereich, zwischen Lernen und Muße, zwischen Verpflichtung und Freiheit möglich macht.
Unbezahlte Arbeit wird durch Grundeinkommen leichter möglich und zumindest global abgegolten. Das Volumen der unbezahlten Arbeit in den Familien, in der Pflege alter und kranker Menschen, durch ehrenamtliches Engagement übersteigt bei weitem jene Stundenzahl, die für bezahlte Arbeit aufgewendet wird.
Zivilgesellschaftliches Engagement, ehrenamtliche Arbeit
Wenn Grundeinkommen alte und neue Formen von Zusammenschlüssen, Vereinen und Aktivitäten fördern soll, sind dafür Rahmenbedingungen notwendig. Subsidiarität bedeutet, dass selbstbestimmte Formen zivilgesellschaftlichen und politischen Engagements durch entsprechende Rahmenbedingungen ermöglicht und wo nötig gefördert werden müssen.
Grundeinkommensgesicherte Flexibilität
Viele Menschen - vor allem Frauen - sind heute gezwungen, sich einem flexiblen Arbeitsmarkt anzupassen, der ihnen wenig Wahlmöglichkeiten lässt. Grundeinkommen würde die Situation entschärfen und die Verhandlungsfähigkeit der Arbeitssuchenden stärken. Vor allem aber könnten Frauen und Männer selbst entscheiden, wieviel Zeit sie den unterschiedlichen Bereichen ihres Lebens widmen wollen.
Wer wird dann noch arbeiten?
Erwerbsarbeit wird wohl noch lange ihre Attraktivität behalten, ebenso wie die damit verbundene Möglichkeit, über mehr Geld zu verfügen und Bedürfnisse zu erfüllen, die über das Notwendige hinausgehen. Der Arbeitsmarkt könnte stärker als heute von Angebot und Nachfrage geregelt werden, vor allem auch im Bereich jener Aufgaben, die niemand tun will. Besonders attraktive Arbeitsbereiche, die mit hohem Prestige verbunden sind, könnten dafür weniger gut bezahlt werden, wenn sich viele darum bewerben.
Auch in einer Grundeinkommensgesellschaft wird es Menschen geben, die besonderer Unterstützung bedürfen, um ihr Leben zu meistern. Staatliche und zivilgesellschaftliche Einrichtungen und Initiativen werden auch in Zukunft gebraucht werden, um diesen Menschen die Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.
Lob der Faulheit?
Nach christlicher Auffassung gibt es eine ethische Verpflichtung zu sinnvoller Tätigkeit. Jeder gesunde Mensch möchte etwas aus seinem Leben machen, für sich selber und in Gemeinschaft mit anderen. Der wesentliche Unterschied zu heutigen Sozialleistungen besteht darin, dass niemand, vor allem keine staatliche Behörde, ein Recht hat, Lebensumstände, Arbeit oder Arbeitsbereitschaft zu kontrollieren.
Gutes Leben als Ziel
Grundeinkommen könnte helfen, die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Entwicklungen abzusichern und neue Werthaltungen und Lebensstile zu entwickeln, die einen schonenden Umgang mit den Ressourcen der Erde mit hoher Lebensqualität zu verbinden suchen.